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Die ambivalente Schönheit der Lebensmitte

Die Schweizer Philosophin Barbara Bleisch ist bekannt für ihre ausgeruhte Gesprächsführung, vielen ist sie als Gastgeberin des Talkformats Sternstunde Philosophie vertraut. Auch in ihrem Schreiben zeigt sich diese Eleganz: Ihr neues Buch ist ein sensibler Essay über die Blütezeit unseres Seins. Nein, nicht unsere Zwanziger. In Mitte des Lebens denkt Bleisch über eine oft als unbehaglich abgetane Lebensphase nach. Die Zeit, in der wir weder wirklich alt noch wirklich jung sind.

 

Mit philosophischem Tiefgang setzt sie dem verbreiteten Konstrukt der Midlife-Crisis etwas Ermutigendes entgegen. Sie ordnet dabei ihre Gedanken sorgfältig und grenzt die Bedeutung von Reue, Bedauern und Trauer voneinander ab und landet bei der Ambivalenz dieser Lebensphase – etwa gewonnene Klarheit des Alters versus Möglichkeiten, die für immer vorbei sind. Schließlich ebnet sie den Weg für eine Neubewertung des Lebens.

 

Für Bleisch ist die Lebensmitte eine Chance zur Orientierung, und gerade die Erkenntnis der eigenen Begrenztheit führt dabei zur tieferen Wertschätzung des Lebens. Ihre Sprache ist ausgeklügelt, ihre Sätze manchmal verschlungen, doch stets klar in ihrem Ziel: einen erholsamen Raum des Nachdenkens zu schaffen, in dem viel Platz für eine eigene Analyse ist.

 

Eine tiefsinnige und zugleich leicht zugängliche Reflexion über die ambivalente Schönheit der Lebensmitte.

Barbara Bleisch

Mitte des Lebens. Eine Philosophie der besten Jahre

 

Hanser

272 Seiten, 25 Euro

Erschienen im Juli 2024

Die Rezension wurde zuerst im Büchermagazin (6_2024) veröffentlicht.

 

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